Baby-Hand hält Finger einer Frau.

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Das Wochenbett und Stimmungstiefs nach der Geburt

Die ersten Wochen mit dem Baby zu Hause sind eine schöne und intensive Zeit, in der sich die Bindung zwischen dem Kind und seinen Eltern ausprägt. Jetzt gilt es für Mutter und Kind, sich zu erholen und langsam in den gemeinsamen Alltag zu finden. Oft stellt sich bei den Müttern nun auch der sogenannte „Babyblues“ ein.

Das Wochenbett - die erste Zeit mit dem Baby

Die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt werden als Wochenbett bezeichnet. Es ist eine intensive und meist aufregende und schöne Zeit für Eltern, die nun ihr Baby richtig kennenlernen. Bisher kinderlose Paare müssen sich oft erst in die Elternrolle hineinfinden. Die Paarbeziehung muss durch die Geburt eines Kindes neu ausgerichtet werden. Der Familienalltag ist ungewohnt und noch nicht eingespielt. All diese Veränderungen benötigen Zeit und Ruhe.

Auch das Baby muss sich an seine neue Umgebung gewöhnen. Neugeborene haben in den ersten Lebenswochen meist noch keinen Tag-Nacht-Rhythmus, was für Eltern insbesondere nachts sehr anstrengend sein kann. Zudem können weitere Anpassungsstörungen, wie abendliche Schreiphasen oder Verdauungsprobleme des Kindes zum Beispiel aufgrund von Blähungen, eine besondere nervliche Herausforderung für Eltern darstellen. Neben der Versorgung seiner elementaren Bedürfnisse vermitteln besonders liebevolle Nähe und das Gefühl der Geborgenheit durch die Mutter und durch den Vater dem Kind Sicherheit und Schutz. Dies sind wichtige Schritte zu einer gelingenden Eltern-Kind-Bindung.

Während des Wochenbetts soll sich die Mutter von den Strapazen der Schwangerschaft und der Geburt erholen und Kraft tanken. Nutzen Sie die Zeit, in der Ihr Baby schläft, um selbst Schlaf nachzuholen oder beschäftigen Sie sich wenn möglich mit Dingen, die zu Ihrer Entspannung beitragen. Achten Sie auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung und trinken Sie viel, insbesondere wenn Sie Ihr Kind stillen wollen. Zudem ist dies die Zeit, um die Nachuntersuchung bei Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt wahrzunehmen. 

Optimal ist es, wenn Ihr Partner sich für die Zeit nach der Geburt frei nehmen kann. Auch er erlebt Familie von Anfang an und wird als Vater möglichst viel Zeit mit Ihnen und dem Baby verbringen wollen. Zudem kann er sich um die nötigen Aufgaben im Haushalt und ältere Geschwisterkinder kümmern und Sie als Wöchnerin entsprechend entlasten. Oft erledigen die Väter in dieser Zeit die anstehenden Behördengänge, wie die Anmeldung des Kindes beim Standesamt oder die Beantragung von Familienleistungen. 

Eine Entlastung kann die zusätzliche Mithilfe von Verwandten und Freunden sein. Auch professionelle Helfer wie die (Familien-) Hebamme, die Familienpflegerin oder eine Haushaltshilfe leisten sehr gute Dienste und sind oft unverzichtbar. In Bayern können Familien durch ehrenamtliche Familienpaten oder Familienpatinnen Unterstützung für einen begrenzten Zeitraum erhalten. Familienpaten oder Familienpatinnen stärken Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte in ihrer Alltags- und Erziehungskompetenz und geben Hilfestellungen im Alltag. 

Gute Kontakt- und Anlaufstellen für Eltern sind zudem die Familienstützpunkte: Sie halten konkrete Angebote für die unterschiedlichen Bedürfnisse von Familien vor und verweisen bei Bedarf an andere Einrichtungen weiter. 

Kümmern Sie sich möglichst schon im Vorfeld um Unterstützungsmöglichkeiten, um das Wochenbett gemeinsam mit Ihrem Partner ohne Alltagspflichten als erholsame und besondere Zeit zu erleben. 

Eltern-Kind-Bindung

Neugeborene benötigen für ihr Überleben und eine gesunde Entwicklung eine verlässliche emotionale Bindung zu einer Bezugsperson. Aufgrund der Schwangerschaft und der gemeinsam erlebten Geburt ist dies aus biologischer und entwicklungspsychologischer Sicht häufig die Mutter. Zudem trägt die stillende Mutter als natürliche „Nahrungsquelle“ zur Befriedigung eines der elementarsten Grundbedürfnisse des Babys bei.  

Aber auch der Vater und weitere Bezugspersonen können durch dauerhaften liebevollen Umgang eine tragfähige Beziehung zum Neugeborenen aufbauen. Um Vertrauen entwickeln zu können, brauchen Kinder neben Nahrung und Pflege vor allem körperliche Nähe und feinfühlige Zuwendung. Schon unmittelbar nach der Geburt beginnt das Neugeborene seine Umgebung wahrzunehmen und auf sein Gegenüber zu reagieren. Bereits in diesen ersten Lebensstunden werden die Grundlagen für eine Eltern-Kind-Bindung gelegt. Fehlt dieser Kontakt direkt nach der Geburt, zum Beispiel weil es Komplikationen gab und das Kind medizinisch versorgt werden muss, wirkt sich dies auf das weitere Bindungsverhalten jedoch nicht bleibend aus. Die Bindung zwischen Eltern und Kind ist ein fortwährender Prozess, der sich durch gemeinsam verbrachte Zeit und ein ungestörtes Miteinander im Laufe der Zeit stetig entwickelt und dem Kind ein Leben lang Nutzen bringt.

Illustration: Schlafendes Baby

Nach der Geburt brauchen Baby und Mutter viel Ruhe.

Eine sichere Bindung ist ein Schutzfaktor für die gesamte kindliche Entwicklung. Sie ermöglicht dem Kind Belastungen besser zu bewältigen und befähigt es, sich Hilfe holen zu können. Aus einer sicheren Bindung entwickeln sich Kreativität, Flexibilität und Ausdauer sowie bessere Gedächtnisleistung, Empathie und soziales Verhalten.  

Schon ein Säugling kann durch sein Verhalten mitteilen, wie viel Nähe und Zuwendung er benötigt. Durch Schreien signalisiert er, ob er Hunger hat oder sich unwohl fühlt. Eltern lernen mit der Zeit, die Signale ihres Babys richtig zu deuten und prompt und angemessen auf die Bedürfnisse ihres Kindes zu reagieren. Schon Neugeborene genießen es, die Wärme der Eltern zu spüren, ihr Gesicht zu sehen und ihre Stimme zu hören. Tragen Sie Ihr Baby, wenn möglich, viel herum, berühren Sie es sanft, suchen Sie Blickkontakt mit ihm und sprechen Sie mit ruhiger Stimme zu ihm.  

Tipps zur elterlichen Feinfühligkeit in den ersten Lebensjahren finden Sie in der kostenlosen Broschüre „Stark durch Bindung“, die Sie hier bestellen können.

Wochenbettbetreuung durch die Hebamme

Während des Wochenbetts regeneriert sich der weibliche Organismus weitestgehend von den Auswirkungen der Schwangerschaft und Geburt.  

Die Rückbildung der Gebärmutter, die bereits in der Nachgeburtsphase durch die Nachwehen ausgelöst wird, ist erst nach etwa sechs Wochen abgeschlossen. Ähnlich lang dauert der Heilungsprozess der Geburtswunde in der Gebärmutterwand, die durch die Ablösung des Mutterkuchens entstanden ist. Begleiterscheinungen hierbei sind anfangs starke Blutungen, der sogenannte Wochenfluss. Dieser verändert sich im Laufe der Zeit und ist normalerweise nach sechs Wochen vorbei. Hatte die Mutter während der Geburt einen Dammriss oder einen Dammschnitt, der genäht werden musste, verheilt diese Verletzung relativ zügig. Nach einem Kaiserschnitt benötigt die Mutter hingegen mehr Zeit für die Genesung. Sie sollte sich ausreichend schonen, damit die Wunde dieser großen Bauchoperation gut heilen kann.  

Stillen Frauen unmittelbar nach der Geburt, wird das Kind die ersten drei Tage durch die sogenannte Vormilch (Kolostrum) ernährt, bis schließlich die Muttermilch „einschießt“. Dieser Vorgang kann schmerzhaft sein und auch das eigentliche Stillen ist anfangs häufig unangenehm.

Die Nachsorge-Hebamme wird Sie fachlich durch diese Zeit begleiten. Sie kontrolliert den Verlauf der Rückbildungs- und Heilungsprozesse und steht Ihnen und Ihrem Partner zu allen Fragen, die das Kind betreffen, beratend zur Seite.

Von der Hebamme erhalten Sie wertvolle Tipps im Umgang mit dem Neugeborenen, zum Stillen und zur Linderung von Wochenbett-Beschwerden. Bei Bedarf steht Ihnen die Hebamme auch als Ansprechpartnerin bei weiteren Fragen zur Verfügung, die mit den Auswirkungen der Geburt in Zusammenhang stehen (zum Beispiel bei hormonellen Stimmungsschwankungen, Problemen in der Partnerschaft et cetera). Ihre Hebamme kann Ihnen ergänzende Hilfsangebote aufzeigen und wird Sie gegebenenfalls an die zuständigen Stellen weitervermitteln.  

Neben der Mutter hat die Hebamme immer auch das Neugeborene im Blick. Sie begutachtet bei jedem ihrer Hausbesuche den Gesundheits- und Entwicklungszustand des Kindes. Sie kontrolliert, inwieweit der Bauchnabel bereits abgeheilt ist, ob das Baby ausreichend trinkt und an Gewicht zunimmt. 

Kostenübernahme der Nachsorge

Auch nach der Geburt haben Sie Anspruch auf umfassende Hebammenhilfe. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt bei gesetzlich versicherten Müttern hierfür die Kosten. Bis zum zehnten Tag nach der Geburt zahlt die Krankenkasse mindestens einen täglichen Hausbesuch der Hebamme. Bis Ihr Kind zwölf Wochen alt ist, können Sie zusätzlich 16 Mal Kontakt zu Ihrer Hebamme aufnehmen. Treten Komplikationen wie beispielsweise Stillprobleme auf, übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung aufgrund ärztlicher Verordnung auch weitere Hausbesuche der Hebamme.

Privat Versicherte sollten mit ihrer Krankenkasse bereits im Vorfeld die Kostenübernahme für die Hebammenhilfe abklären.

Mehr erfahren

Hier finden Sie weiterführende Informationen zum Thema Wochenbettbetreuung durch die Hebamme:

Rückbildungsgymnastik

Nach der Geburt sollte bereits mit der Wochenbettgymnastik angefangen werden. Entsprechende Übungen werden Ihnen von der Hebamme gezeigt.

Mit der eigentlichen Rückbildungsgymnastik kann begonnen werden, wenn der Wochenfluss versiegt ist und keine Schmerzen mehr bestehen. Bei den meisten Frauen ist dies frühestens etwa sechs Wochen nach der Geburt der Fall. Zudem sollte die körperliche Leistungsfähigkeit so weit hergestellt sein, dass die Teilnahme an einem regelmäßigen Termin möglich ist. Die speziell auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Wöchnerinnen zugeschnittene Gymnastik fördert die Rückbildung innerer und äußerer Organe wie des Beckenbodens, der Bauch- und Rückenmuskulatur. Zudem werden durch die Gymnastik schmerzhafte Verspannungen vermindert, die durch das Umhertragen des Kindes, ungünstige Stillpositionen oder durch das Einnehmen einer Schonhaltung nach Geburtsverletzungen entstehen können.

Kurse zur Rückbildungsgymnastik gibt es von verschiedenen Anbietern. Manche stellen während der Rückbildungsgymnastik eine Betreuung für die Neugeborenen zur Verfügung.

Eine Anmeldung sollte möglichst frühzeitig, eventuell schon einige Wochen vor der Geburt, vorgenommen werden.

Bei Rückbildungskursen, die von einer Hebamme, einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten angeboten werden, übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für bis zu zehn Stunden. Der Kurs muss jedoch bis zum vierten Monat nach der Geburt begonnen haben und bis zum neunten Monat nach der Geburt abgeschlossen sein.

Stimmungstiefs nach der Geburt

Nicht selten erleben Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt ein Wechselbad der Gefühle. Anstelle der zu erwartenden Glückseligkeit, dass nun endlich das Baby da ist, reagieren manche Frauen auch traurig oder gereizt. Sie fühlen sich hilflos im Umgang mit der neuen Situation, reagieren ängstlich und sind überfordert.   

Manche Frauen brechen schnell in Tränen aus, finden keinen Zugang zu ihrem Neugeborenen, sind ruhelos oder antriebsarm. Die eigene Feststellung, nicht dem „perfekten Ideal von Mutterglück“ zu entsprechen, wird oft als Enttäuschung oder Versagen empfunden. 

Der Babyblues

Muttersein bedeutet vor allem in der ersten Zeit mit dem Neugeborenen viel Arbeit und Anstrengung, oft bis an die Grenzen der Belastbarkeit. Das Gefühl, fortan die Verantwortung für einen so kleinen, hilflosen und zerbrechlich erscheinenden Menschen zu tragen und die Gewissheit, zukünftig angebunden zu sein und eigene Bedürfnisse zurückstellen zu müssen, kann ziemlich beängstigend sein. Manchmal treten Konflikte in der Partnerschaft auf. Beide Elternteile müssen erst in ihre neue Rolle hineinwachsen. Dies braucht neben Zeit, Geduld und Zuversicht vor allem auch den regelmäßigen Austausch mit dem Partner.

Kein Wunder, dass Sie sich nicht nur gut und glücklich fühlen. Es ist gut zu wissen, dass Sie mit Ihrem Gefühlschaos nicht allein sind. Fast jede zweite Wöchnerin ist davon betroffen. Ausgelöst wird dieser Babyblues durch die hormonelle Umstellung nach der Geburt. Schlafmangel und die zurückliegenden Anstrengungen der Geburt können diese unerwünschten Stimmungsschwankungen leider begünstigen. Normalerweise dauert es nur ein paar Tage, bis sich Ihre psychische Gefühlslage wieder normalisiert.

Oft helfen in dieser Situation Ruhe und Erholung und das Verständnis und die Fürsorge vertrauter Personen. Auch Ihre Hebamme kann hier eine verständnisvolle Ansprechpartnerin sein.

Wochenbett-Depression

Manchmal geht der Babyblues über in eine sogenannte Wochenbett-Depression (postpartale Depression). Halten die Symptome des Babyblues länger als circa zwei Wochen an oder kommen eventuell Gefühle wie Panikattacken, starke Ängste oder tiefe Traurigkeit dazu, sollten Sie sich unbedingt an Ihre Hebamme wenden. Auch anhaltende Kopfschmerzen, Schwindelgefühle oder Gedanken an Selbstmord sind Hinweise auf eine Wochenbettdepression. Nach ärztlicher Einschätzung sind etwa 10 Prozent der Frauen von dieser Form der Depression betroffen. Gefährdet sind insbesondere Frauen, die bereits früher Depressionen hatten oder die sich in ungünstigen Lebensverhältnissen befinden (zum Beispiel Trennung vom Partner, übermäßiger Stress).

Bei der Wochenbettdepression treten unterschiedliche Schweregrade auf. Es ist daher wichtig, dass Fachkräfte die gesundheitliche Situation einschätzen und entsprechend behandeln. Eine Wochenbett-Depression ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, die auch die Entwicklung des Kindes beeinflusst. Unmittelbare Ansprechpartner oder Ansprechpartnerinnen sind neben der Hebamme und den anerkannten Beratungsstellen für Schwangerschaftsfragen auch die Kinder-, Frauen- und Hausärzte oder -ärztinnen. Diese werden Sie für den weiteren Therapieverlauf gegebenenfalls an einen Psychologen oder eine Psychologin oder spezialisierte Fachärzte und -ärztinnen überweisen.

Wochenbett-Psychose

Sehr selten, bei etwa 0,1 Prozent der Frauen tritt nach der Geburt eine Wochenbett-Psychose (postportale Psychose) auf. Bei dieser schweren psychiatrischen Erkrankung verändert sich das Verhalten der Frauen auffällig. Die Betroffenen verlieren den Bezug zur Realität. Sie entwickeln neben starken Ängsten teilweise auch Wahnvorstellungen, manchmal kombiniert mit starker Antriebs- und Teilnahmslosigkeit oder motorischer Unruhe.

Aufgrund der Symptome der Wochenbett-Psychose sollte bei bestehendem Verdacht unbedingt eine Vorstellung bei einem Psychologen oder einer Psychologin oder einem Psychiater oder einer Psychiaterin erfolgen. Eine nicht behandelte Psychose kann für Mutter und Kind gefährlich werden, da die Mutter aufgrund ihres psychischen Ausnahmezustands sich selbst und das Kind gefährden könnte.

Bei Wochenbett-Psychosen sowie Wochenbett-Depressionen kann in einigen Fällen eine Mutter-Kind-Behandlung in einer eigens dafür ausgerichteten Station eines psychiatrischen Krankenhauses angezeigt sein.